Fachwissen EMIR - Anforderungen im Überblick

Wiki EMIR European Market Infrastructure Regulation OTC Derivate CCP Central Counter Party zentrale Gegenpartei Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA Meldungen Sicherheiten Collateral

Eine umfassende Regulierung von Märkten, die mit Derivaten handeln, wurde als Reaktion auf die Finanzmarktkrise (Jahr 2008) durch die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen im Rahmen eines G20 Treffens (Jahr 2009) beschlossen.

In der Europäischen Union wurde dieser Beschluss durch die EU Verordnung Nr. 648/2012 umgesetzt.

Die auch als European Market Infrastructure Regulation (EMIR) bekannte EU Verordnung enthält insbesondere Anforderungen an den Handel mit OTC Derivaten sowie weitere  Bestimmungen zum Transaktionsregister sowie zu Zentralen Gegenparteien (CCP).

EMIR verfolgt das vorrangige Ziel einer systematischen Eindämmung von Risiken im europäischen Handel mit OTC Derivaten.

Dieses soll erreicht werden, indem bestimmte Kategorien von OTC Derivaten verpflichtend über zentrale Gegenparteien abgewickelt werden müssen.


Die EU Verordnung Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und Europäischen Rates ist am 16. August 2012 in Kraft getreten und unterscheidet bezüglich der Umsetzungsanforderungen insbesondere zwischen finanziellen Gegenparteien und nichtfinanziellen Gegenparteien.

Mit EMIR wurde für außerbörslich gehandelte Derivate (OTC = over the counter) ein einheitlicher aufsichtsrechtlicher Rahmen geschaffen, bei dem die zentrale Gegenpartei (Central Counter Party) - sofern bei einem OTC Derivategeschäft eine entsprechende Clearingpflicht entsteht - sowohl als Vertragsgegenpartei des Käufers und als Vertragsgegenpartei des Verkäufers auftritt.

Seitens des CCP werden an das Risikomanagement der Vertragspartner hohe Anforderungen gestellt, insbesondere werden für das Eingehen von Risiken ausreichende und bei Bedarf anzupassende Ausfallsicherheiten (Collateral) zur Absicherung von auch schwierigen Marktbedingungen verlangt.

Des Weiteren müssen alle Transaktionen mit OTC und börsengehandelten Derivaten an ein Transaktionsregister gemeldet werden. Dieses gilt auch für bilaterale Kontakte mit Derivaten, die (noch) nicht für das zentrale Clearing geeignet sind.

Die Aufsicht über das Transaktionsregister sowie eine Zulassung (samt laufende Beaufsichtigung)  von nach EMIR geeigneten CCP obliegt allein der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).

ESMA - Grundsätzliche Aufgaben

» Entwicklung von rechtsverbindlichen technischen Standards

Art. 10 ESMA-VO

» Entwicklung von bindenden Leitlinien

Art. 16 ESMA-VO

» Vermittlung im Streitfall zwischen den Mitgliedern

Art. 19 EMIR

» Aufstellung von FAQ zur Anwendung von Vorschriften (EMIR, technische Standards)

» Aufsichtszuständigkeit für das Transaktionsregister

Die nationale Aufsichtsbehörden in der EU können auf die im Transaktionsregister gespeicherten Daten - sofern diese Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden - jederzeit über einen direkten Zugang zugreifen.

Die Kategorien von standardisierten OTC Derivaten, die für in der Europäischen Union beaufsichtigte finanzielle Gegenparteien (z.B. Kreditinstitute, Versicherungen, Pensionskassen, Kapitalanlagegesellschaften) eine Verpflichtung zum CCP Clearing anordnen, werden ebenfalls durch die ESMA (European Securities and Markets Authority) bestimmt.

OTC Derivate Kategorien in sachlicher Hinsicht

» Kontrakte mit OTC Kreditderivaten

» Kontrakte mit OTC Aktienderivaten

» Kontrakte mit OTC Devisenderivaten

» Kontrakte mit OTC Zinsderivaten

» Kontrakte mit OTC Waren-/Rohstoffderivate und sonstige OTC Derivate

Für nichtfinanzielle Gegenparteien (i.d.R. Wirtschaftsunternehmen) gilt eine Clearingpflicht über einen CCP im Übrigen nur dann, sofern diese in einem größeren Umfang Derivate einsetzen, die nicht zur Absicherung der wirtschaftlichen Risiken der eigenen Geschäftstätigkeit dienen.

Am 16. Februar 2013 ist das deutsche EMIR Ausführungsgesetz - welches das Kreditwesengesetz (KWG) und Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) an die europäische EMIR Verordnung über OTC Derivate, CCP und Transaktionsregister anpasst - in Kraft getreten

EMIR Ausführungsgesetz - Wichtige Punkte

» BaFin beaufsichtigt finanzielle und nichtfinanziellen Gegenparteien

» BaFin prüft

 

 

Finanzielle Gegenparteien

... im Rahmen der Abschlussprüfung

 

Nichtfinanzielle Gegenparteien

... auf Einhaltung EMIR Anforderungen gem. § 20

    WpHG ab 100 Mio. EUR OTC Derivate Nominal-
    volumen oder ab 100 offene OTC Kontrakte

    (je abzüglich gruppeninterne Geschäfte)

» BaFin Eingriffsbefugnisse können Kontrollen auch stichprobenartig anordnen

» Bußgeldtatbestände sind zentral im WpHG geregelt

Am 15. März 2013 sind zudem technische Regulierungsstandards zu OTC Derivaten (inkl. Risikomanagement, Anforderungen an CCP und Trade Reporting) in Kraft getreten. Diese richten sich unter anderem auch an nichtfinanzielle Gegenparteien.

EMIR im Überblick

Ziele

» Verringerung systemischer Risiken beim Handel mit Derivaten

» Erhöhung der Transparenz in Bezug auf Derivatemärkte bzw. Risiken von Derivaten

» Detaillierte Information über Risikopositionen

» Verhinderung und Aufdeckung von Marktmanipulationen

» Verfolgung von Insiderhandel

 

Instrumente

» Pflicht zu zentralem Clearing (Art. 4, 5, 10 EMIR)

» Risikominderungstechniken für nicht zentral geclearte OTC Derivate (Art. 11 EMIR)

» Einheitliches Aufsichtsrecht für CCP und Transaktionsregister

 

Pflichten

» Pflicht zur Abwicklung standardisierter OTC Derivate über CCP

» Pflicht zur Einführung von Risikominderungstechniken bei nicht über CCP sondern
   bilateral abgewickelten OTC Derivaten

» Pflicht zur Meldung aller börslich und außerbörslich gehandelten Derivatekontrakte an
   das Transaktionsregister

 

Wesentliche Themenbereiche der European Market Infrastructure Regulation (EMIR)

Art. 4 - 13 EMIR

Vorschriften zum Umgang mit Derivaten aus Nutzersicht

Art. 14 - 54 EMIR

Zulassung, Betrieb und Interoperabilität von Zentralen Gegenparteien

Art. 55 - 82 EMIR

Aufsichtsbehördliche Registrierung & Betrieb von Transaktionsregistern

 

darunter: CCP Clearing

Art. 4 - 8 EMIR

Nutzung zentraler Gegenparteien bei Abrechnung von standardisierter Derivate, die einer clearingpflichtige Derivateklasse (wird von der EU Kommission im Verordnungswege festgelegt) zugeordnet werden.

 

Ausnahme: Gruppeninterne Transaktionen zwischen Mitgliedern desselben institutsbezogenen Sicherungssystems.

 

darunter: Meldung Kontrakte mit Derivaten an das Transaktionsregister

Art. 9 EMIR

Vorgaben zu Risikominderungstechniken nicht geclearte OTC Derivate EU Verordnung Nr. 149/2013:

» Portfolioabgleich

» Streitbeilegung

» Tägliche Bewertung

» Rechtzeitige Bestätigung

» Portfolio-Komprimierung

» Besicherung

(seit 15.09.2013 in Kraft)

(seit 15.09.2013 in Kraft)

(seit 15.03.2013 in Kraft)

(seit 15.03.2013 in Kraft)

(seit 15.09.2013 in Kraft)

 

Karenzfrist von 6 Monaten in Art. 21 Abs.2 EU Verordnung Nr. 149/2013 geregelt

 

darunter: Risikosteuerung bilateraler Geschäfte mit Derivatekontrakten

Art. 11 EMIR

Anwendungsbereich der genannten Risikosteuerungsinstrumente soll der ESMA nach auf der Grundlage entsprechender vertraglichen Vereinbarungen auch für Vertragsparteien aus Drittstaaten (z.B. Schweiz) gelten.

 

darunter: Meldung an Transaktionsregister

Art. 11 EMIR

Seit dem 12.02.2014 müssen Abschlüsse, Änderungen und Beendigung en von Derivategeschäften mit einer Meldefrist von t+1 an ein zugelassenes  Transaktionsregister gemeldet werden.

EMIR Einstufung von Vertragspartnern

EMIR Kategorisierung

Vertragspartner

Finanzielle Gegenparteien

» Kreditinstitute

» Wertpapierfirmen

» Versicherung- und Rückversicherungsunternehmen

» Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
   (OGAW) und deren Verwalter

» Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung

Nichtfinanzielle Gegenparteien

» Kapitalgesellschaften (AG, GmbH)

» Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG)

» Eingetragene Kaufleute/ Stiftungen/ Genossenschaften/ Vereine

» Freiberufler und Kleingewerbetreibende

Keine Gegenparteien

im Sinne von Art. 1 Abs. 4 a) EMIR

» Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts
   (Kommunen wie Landkreise/ Gemeinden einschließlich
   deren Eigenbetriebe, wenn diese keine eigenständige
   Rechtspersönlichkeit haben)

» Anstalten des öffentlichen Rechts (inkl. Zweckverbände)

» Privatpersonen

 

Auslegungen der EU Kommission mit Relevanz für eine Kategorisierung

Die Ausübung einer wirtschaftlichen Aktivität in Form eines Angebots von Waren oder Dienstleistungen ist maßgeblich für die Feststellung einer Unternehmenseigenschaft.

Einzelpersonen sind unternehmerisch tätig. Daher ist Art. 2 Abs. 9 EMIR hier stets anzuwenden.

Gemeinnützige Institutionen (GmbH, Stiftungen und Vereine) sowie vermögensverwaltende Gesellschaften bürgerlichen Rechts fallen unter bestimmten Voraussetzungen nicht in den Anwendungsbereich von EMIR. Insbesondere dann, wenn es sich um eine dem Einkommensteuerrecht unterliegende private Vermögensverwaltung handelt und die Vermögensverwaltung der alleiniger Zweck der GbR (d.h. ohne Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb) ist.

Wenn ein kommunaler Vertragspartner als eine selbständige Anstalt öffentlichen Rechts oder als eine privatrechtlich organisierte kommunale Einheit schwerpunktmäßig unternehmerisch tätig ist, ist dieser Vertragspartner gemäß Art. 2 Abs. 9 EMIR im Regelfalls als nichtfinanzielle Gegenpartei zu berücksichtigen, es sei denn dieser verfolgt rein karitative Zwecke.

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